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Gefahrguttransport: Vorschriften & Pflichten einfach erklärt

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Gefahrguttransporte sind nicht nur ein Thema für große Chemiekonzerne oder spezialisierte Logistikunternehmen. Allgemein bekannt ist, dass der Transport von explosiven Stoffen, giftigen Chemikalien oder radioaktiven Materialien strengen Vorschriften unterliegt. Doch oft wird übersehen, dass auch scheinbar harmlose Stoffe und Produkte unter das Gefahrgutrecht fallen können: Werden etwa mehrere Kanister Nagellackentferner transportiert oder Spraydosen mit Lacken zur Baustelle gebracht, greifen bereits die gesetzlichen Regelungen für Gefahrgut. Auch Lithium-Ionen-Batterien mit einer Nennenergie von mehr als 100 Wattstunden (Wh) werden im internationalen Transportrecht als Gefahrgut der Klasse 9 eingestuft und unterliegen damit strengen Beförderungsvorschriften. Ebenso kann die Beförderung bestimmter Abfälle dem Gefahrgutrecht unterliegen, wenn sie gefährliche Eigenschaften aufweisen und entsprechend klassifiziert werden müssen

Als Fachkräfte für Arbeitssicherheit und externe Gefahrgutbeauftragte erleben wir immer wieder Unklarheiten in Unternehmen, was tatsächlich als Gefahrgut gilt und welche Vorschriften dabei bei Verpackung und Transport zu beachten sind. In diesem Blogbeitrag erläutern wir, was unter Gefahrguttransporte fällt, welche gesetzlichen Grundlagen und Verordnungen relevant sind und welche Papiere benötigt werden.


Was fällt unter Gefahrguttransport?

Unter Gefahrguttransport versteht man die Beförderung von Stoffen und Gegenständen, von denen aufgrund ihrer Eigenschaften oder ihres Zustands während des Transports Gefahren für die öffentliche Sicherheit, die Allgemeinheit, wichtige Gemeingüter, das Leben und die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Sachen ausgehen können. Diese sogenannten gefährlichen Güter sind gesetzlich genau geregelt und werden in verschiedene Klassen eingeteilt, je nachdem, welche Art von Gefahr von ihnen ausgeht.

Beispiele für Gefahrgüter sind:

  • Explosive Stoffe und Gegenstände (z. B. Munition, Feuerwerkskörper)
  • Gase (z. B. Propan, Spraydosen)
  • Entzündbare flüssige Stoffe (z. B. Benzin, Lacke, Lösungsmittel)
  • Entzündbare feste Stoffe (z. B. Schwefel, Zündhölzer)
  • Selbstentzündliche Stoffe (z. B. weißer Phosphor)
  • Stoffe, die mit Wasser entzündbare Gase bilden (z. B. Natrium)
  • Oxidierende Stoffe und organische Peroxide (z. B. Wasserstoffperoxid)
  • Giftige und ansteckungsgefährliche Stoffe (z. B. Kaliumcyanid, medizinische Abfälle)
  • Radioaktive Stoffe (z. B. Messgeräte mit radioaktiven Komponenten)
  • Ätzende Stoffe (z. B. Säuren, Laugen)
  • Verschiedene andere gefährliche Stoffe und Gegenstände (z. B. Asbest, Lithiumbatterien, umweltgefährdende Stoffe)

Für den Transport gelten strenge Vorschriften zur Verpackung, Kennzeichnung, Dokumentation und Sicherung. Jedes Gefahrgut erhält eine sogenannte UN-Nummer, die international eindeutig ist und die genaue Art des Stoffes oder Gegenstands beschreibt. Die Zuordnung zu einer Gefahrgutklasse erfolgt nach den spezifischen Gefahrenmerkmalen, zum Beispiel Entzündbarkeit, Giftigkeit oder Reaktivität. Für viele Gefahrgüter gibt es zudem eine weitere Unterteilung in Verpackungsgruppen (hoch, mittel, gering gefährlich). Mehr dazu erfahren Sie in unserem Beitrag „Gefahrgut Kennzeichnung“.


Was ist der Unterschied zwischen Gefahrgütern und Gefahrstoffen?

Dieser liegt im jeweiligen Anwendungsbereich. Gefahrstoffe sind Stoffe oder Gemische, die bei Herstellung, Verarbeitung, Verwendung oder Lagerung eine Gefahr für Mensch, Tier oder Umwelt darstellen. Ihr Umgang ist durch die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und sowie in der CLP-Verordnung geregelt. Weiterführende Informationen zu Gefahrstoffen finden Sie in unserem Beitrag Gefahrstoffverzeichnis.

Gefahrgüter hingegen sind Stoffe oder Gegenstände, die beim Transport eine Gefahr darstellen. Für sie gelten spezielle Transportvorschriften wie das ADR (Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße), die in erster Linie auf sichere Verpackung, Kennzeichnung und Beförderung abzielen.

Nicht jeder Gefahrstoff ist automatisch auch ein Gefahrgut und umgekehrt, da die Einstufungen nach unterschiedlichen Kriterien erfolgen. So kann ein Stoff am Arbeitsplatz als Gefahrstoff gelten, aber beim Transport nicht als Gefahrgut eingestuft sein, oder umgekehrt.


Was regelt das Gefahrgutrecht?

Das Gefahrgutrecht in Deutschland legt die gesetzlichen Grundlagen für die sichere Beförderung gefährlicher Güter fest. Es basiert auf dem „Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter“ oder „Gefahrgutbeförderungsgesetz“ (kurz GGBefG) und wird durch verschiedene Verordnungen und internationale Übereinkommen, wie dem ADR, konkretisiert.

Das Gefahrgutrecht umfasst nicht nur den eigentlichen Transport, sondern auch alle vorbereitenden und abschließenden Tätigkeiten. Dazu gehören das Verpacken, Be- und Entladen, zeitweilige Aufenthalte (wie beim Umschlag oder Zwischenlagerung) sowie das Herstellen und Inverkehrbringen von Verpackungen und Beförderungsmitteln für Gefahrgut.

Die Vorschriften greifen also bereits bevor die gefährlichen Güter tatsächlich auf die Reise gehen und enden erst nach dem vollständigen Entladen beim Empfänger.

Nicht erfasst im Gefahrgutrecht ist die innerbetriebliche Beförderung auf abgeschlossenen Betriebsgeländen. Hier gelten andere Vorschriften wie etwa das Chemikaliengesetz (ChemG).


Die Gefahrgutverordnung

Auf Grundlage des GGBefG wurden für die verschiedenen Verkehrsträger spezifische Verordnungen erlassen. Für den Straßen-, Eisenbahn- und Binnenschiffsverkehr gilt in Deutschland die Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter(GGVSEB). Die Gefahrgutverordnung regelt unter anderem:

  • Welche Stoffe und Gegenstände als gefährliche Güter gelten.
  • Wie sie klassifiziert, verpackt, gekennzeichnet und dokumentiert werden müssen
  • Welche technischen und organisatorischen Anforderungen beim Transport einzuhalten sind.
  • Welche Pflichten und Verantwortlichkeiten für alle Beteiligten, vom Absender bis zum Empfänger, bestehen.

Darüber hinaus sind die nationalen Vorschriften weitgehend mit internationalen Regelungen wie u. a. mit dem ADR abgestimmt.

(Quelle: DGUV Information 213-052, S. 9–10)


Was muss man beim Gefahrguttransport beachten?

Zunächst wird bei Gefahrguttransporten zwischen dem sogenannten Regeltransport und Transporten mit Ausnahmen, Erleichterungen oder Freistellungen unterschieden. Beim Regeltransport, also immer dann, wenn keine Erleichterungen genutzt werden können, müssen sämtliche Vorschriften des ADR und der nationalen Gefahrgutverordnungen vollständig eingehalten werden.

Bei einem Gefahrguttransport als Regeltransport dürfen ausschließlich Personen mitfahren, die zur Fahrzeugbesatzung gehören. Während des Be- und Entladens sowie im und am Fahrzeug gilt ein striktes Rauchverbot (selbstverständlich auch für E-Zigaretten).


Weitere Punkte, die bei Transporten von Gefahrgütern auf der Straße zu beachten sind:

  1. Das Mitführen aller notwendigen Begleitpapieren. Dazu zählen der Lichtbildausweis für jedes Mitglied der Fahrzeugbesatzung, das Beförderungspapier mit allen erforderlichen Angaben, schriftliche Weisungen für den Notfall sowie gegebenenfalls eine Kopie der behördlichen Genehmigung, etwa für bestimmte Gefahrgüter der Klassen 1, 4.1 oder 5.2. Bei Tanktransporten ist zusätzlich die ADR-Zulassungsbescheinigung erforderlich. Der Fahrer benötigt hier eine gültige ADR-Schulungsbescheinigung, unabhängig vom Gesamtgewicht des Fahrzeugs.
  2. Die Beförderungseinheit muss mit den vorgeschriebenen Kennzeichen versehen sein. Dazu gehören zwei orangefarbene Warntafeln an Front und Heck. Je nach Art des Gefahrguts können weitere Kennzeichnungen wie Großzettel (Placards), Kennzeichen für umweltgefährdende Stoffe oder für den Transport bei erhöhter Temperatur notwendig sein.
  3. Auch die Ausrüstung an Bord des Fahrzeugs spielt eine wichtige Rolle beim Gefahrstofftransport. Die Zahl und das Fassungsvermögen der Feuerlöscher richten sich nach dem Gesamtgewicht des Fahrzeugs. Bei Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen beispielsweise sind mindestens zwei tragbare Feuerlöscher für die Brandklassen A, B und C mit insgesamt 4 kg Pulver vorgeschrieben. Die Feuerlöscher müssen plombiert und leicht erreichbar sein sowie regelmäßig überprüft werden.
  4. Zur persönlichen Schutzausrüstung und sonstigen Ausrüstung gehören pro Fahrzeug mindestens ein Unterlegkeil, zwei selbststehende Warnzeichen (wie Warndreiecke), Augenspülflüssigkeit (außer bei bestimmten Gefahrgutklassen), Warnwesten, tragbare Beleuchtungsgeräte, Schutzhandschuhe und Augenschutz für jedes Besatzungsmitglied. Für einige Gefahrgutklassen sind zudem Notfallfluchtmasken, Schaufel, Kanalabdeckung sowie Auffangbehälter vorgeschrieben.
  5. Das Fahrzeug selbst muss für den Gefahrguttransport zugelassen und entsprechend ausgerüstet sein. Dabei ist die Ladungssicherung ist ein wichtiger Punkt: Es müssen geeignete Vorrichtungen vorhanden sein, damit die Ladung ordnungsgemäß gesichert werden kann. Darüber hinaus dürfen nur unbeschädigte Verpackungen verladen werden.
  6. Bestimmte Gefahrgüter müssen getrennt von Nahrungs-, Genuss- und Futtermitteln transportiert werden. Bei der Beförderung von Gasen oder Kühl- und Konditionierungsmitteln ist für ausreichende Belüftung zu sorgen.


Für welche Gefahrguttransporte wird der ADR-Schein noch benötigt?

Neben Tanktransporten oder dem Transport von radioaktiven und explosiven Stoffen der Klasse 1, wird die ADR-Schulungsbescheinigung dann benötigt, wenn gefährliche Güter auf der Straße in bestimmten Mengen transportiert werden, die die festgelegten Freigrenzen überschreiten – insbesondere die sogenannte 1000-Punkte-Regel nach ADR. Sobald die Summe der Gefahrgutpunkte aller geladenen Stoffe 1000 Punkte übersteigt, muss der Fahrer einen gültigen ADR-Schein besitzen. Diese Regel gilt unabhängig davon, ob es sich um Stückgut-, Sammelgut- oder Vollgefahrguttransporte handelt.

Liegt die transportierte Menge unterhalb der 1000-Punkte-Grenze, genügt eine Unterweisung nach ADR 1.3; ein ADR-Schein ist dann nicht notwendig. Auch bei Transporten ausschließlich in begrenzten Mengen (Limited Quantities, LQ) oder unter bestimmten Freistellungen nach dem ADR kann auf den ADR-Schein verzichtet werden.


Wie lange darf ein ADR-Schein abgelaufen sein?

Ein ADR-Schein darf nicht abgelaufen sein, wenn er verlängert werden soll. Eine Verlängerung ist nur möglich, wenn noch vor Ablauf der fünfjährigen Gültigkeit eine Auffrischungsschulung inklusive Prüfung absolviert wird. Nach Ablauf der Gültigkeit ist eine Verlängerung nicht mehr möglich; in diesem Fall muss die komplette ADR-Ausbildung mit Prüfung von Grund auf neu durchlaufen werden.


Wie groß muss ein Gefahrgutaufkleber auf dem Fahrzeug sein?

Die Kennzeichnung von Fahrzeugen, die Gefahrgut transportieren, ist im ADR geregelt. Beim Fahrzeug müssen vorne und hinten orangefarbene Warntafeln angebracht werden. Die normale Größe dieser Tafeln beträgt 400 mm x 300 mm (Breite x Höhe).

Sollte die verfügbare Fläche bei kleinen Fahrzeugen nicht ausreichen, ist auch eine reduzierte Größe von 300 mm x 120 mm zulässig.

Zusätzlich müssen die Warntafeln bei Gefahrguttransporten reflektierend und mit einer schwarzen Umrandung von 10 bis 15 mm versehen, fest angebracht und gut sichtbar sein.

Für bestimmte Gefahrgutklassen, wie beispielsweise bei Tankfahrzeugen oder beim Transport großer Gefahrgutmengen, sind an den Seiten und am Heck sogenannte Großzettel (Placards) erforderlich. Diese haben eine Größe von 250 mm x 250 mm und sind quadratisch auf die Spitze gestellt. Weitere Kennzeichen, wie das Symbol für umweltgefährdende Stoffe (Fisch und Baum) oder das Kennzeichen für erhöhte Temperatur, müssen ebenfalls in der Größe 250 mm x 250 mm angebracht werden.


Wann wird bei einem Gefahrguttransport ein Gefahrgutbeauftragter benötigt?

Ein Gefahrgutbeauftragter wird dann benötigt, sobald ein Unternehmen an der Beförderung gefährlicher Güter beteiligt ist oder Tätigkeiten wie Verpacken, Befüllen, Be- oder Entladen im Zusammenhang mit Gefahrgut ausführt. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG) in Verbindung mit der Gefahrgutbeauftragtenverordnung (§ 3GbV „Bestellung von Gefahrgutbeauftragten„).

Von der Pflicht zur Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten sind Unternehmen ausgenommen, wenn sie ausschließlich begrenzte Mengen (Limited Quantities, LQ) transportieren oder wenn die transportierten Mengen unterhalb bestimmter Freigrenzen nach ADR liegen, der sogenannten „1000-Punkte-Regel“.

Außerdem entfällt die Pflicht, wenn sich die Tätigkeiten ausschließlich auf nach den Gefahrgutvorschriften freigestellte Beförderungen beschränken oder das Unternehmen lediglich Empfänger von Gefahrgut ist beziehungsweise im Kalenderjahr nicht mehr als 50 Tonnen netto gefährlicher Güter für den Eigenbedarf zur Erfüllung betrieblicher Aufgaben befördert (sog. „Handwerkerregelung“).

(Quelle: DGUV Information 213-052, Stand Oktober 2024)


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