Gefaehrdungsbeurteilung Baustelle

Gefährdungsbeurteilung für Baustellen

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Wie unterschiedliche Unfallstatistiken zeigen, gibt es im Bereich Arbeitssicherheit auf Baustellen noch einiges zu tun. In diesem Kontext kommt der Gefährdungsbeurteilung für Baustellen als gesetzlicher Bestandteil der Arbeitssicherheit eine besondere Bedeutung zu.  Viele Menschen aus unterschiedlichen Gewerken arbeiten hier eng zusammen, was oft zu einer unübersichtlichen Arbeitssituation führt. Schwere Maschinen, Lärm und schwierige Arbeitsbedingungen wie Alleinarbeit auf hohen Gerüsten steigern das Risiko von Unfällen und Gesundheitsgefahren.

In diesem Beitrag erfahren Sie, was Sie bei der Gefährdungsbeurteilung für Baustellen beachten müssen, welche Gesetze und Vorgaben hier gelten und wie der Arbeitsschutz auf Baustellen kontrolliert wird.


Das Unfallgeschehen auf Baustellen in Deutschland

Im Jahr 2023 wurden insgesamt 108.818 meldepflichtige Arbeitsunfälle auf Baustellen gemeldet;

  • Davon betrafen rund 31 % Verletzungen durch spitze, harte oder scharfe Gegenstände.
  • Gefolgt von 26 % Verletzungen durch Aufprallen auf oder gegen ortsfeste Gegenstände.
  • Mehr als 17 % der Arbeitsunfälle wurden aufgrund akuter körperlicher und seelischer Belastungen gemeldet.

(Quelle: Arbeitsunfälle auf Baustellen 2023 | Statista)

Obwohl Baustellen im Vergleich zu vor 20 Jahren insgesamt sicherer geworden sind und die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle rückläufig ist, lauern immer noch viele Gefahren auf Baustellen, von denen einige vermeidbar gewesen wären.


Gefährdungsbeurteilung für Baustellen ganzheitlich erstellen

Warum funktioniert das Zusammenarbeiten in einem Ameisenhaufen so gut? Weil jede Ameise genau weiß, was sie zu tun hat, um sich und andere nicht zu gefährden. So ähnlich verhält es auch mit der Gefährdungsbeurteilung für Baustellen: Mit ihr fällt und steht der Arbeitsschutz auf einer Baustelle. Sie ist das Fundament und Herzstück, auf dem alle weiteren Arbeitsschutzmaßnahmen basieren. Wie etwa Betriebsanweisungen für Arbeitsmittel und Gefahrstoffe oder Unterweisungen für Beschäftigte auf Baustellen. Dementsprechend ernsthaft und sorgfältig sollten Sie die Gefährdungsbeurteilung für Ihre Baustelle durchführen.


Wie erstellt man eine Gefährdungsbeurteilung für eine Baustelle richtig?

Baustellen bergen ein erhöhtes Sicherheitsrisiko, da sie oft mit Höhenarbeit, dem Einsatz leistungsstarker Maschinen und dem Umgang mit Gefahrstoffen verbunden sind. 

Bevor eine Tätigkeit auf einer Baustelle aufgenommen wird, muss eine Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsbereich und jedes Arbeitsmittel durchgeführt werden. Das umfasst die Beurteilung von Maschinen, innerbetrieblichen Verkehrswegen und Lagereinrichtungen sowie die Kontrolle der Einhaltung ergonomischer Richtlinien am Arbeitsplatz und die Prüfung von Auswirkungen der Arbeit auf die Psyche der Mitarbeiter.

Zudem müssen Flucht- und Rettungspläne im Betrieb vorhanden sein, und es muss eine vorschriftsmäßige Ausstattung mit Feuerlöschern gegeben sein. Dies gilt soweit für jedes Unternehmen.

Im Bauwesen sind zusätzliche Aspekte zu berücksichtigen, wie die Sicherstellung der Erreichbarkeit der Erste-Hilfe-Ausrüstung, um im Ernstfall entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können.


Die Kategorisierung von Gefährdungen auf Baustellen

Aufgrund der vielfältigen Tätigkeiten auf einer Baustelle, die sich zudem schnell ändern können, gibt es so etwas wie eine allgemeingültige Gefährdungsbeurteilung nicht. Ob es sich um eine Hochbaufachkraft, einen Maurer oder eine Elektrofachkraft handelt: die Gefährdungsbeurteilung unterscheidet sich je nach Gewerk.

Um eine erste systematische Kategorisierung aller Gefährdungen auf Ihrer Baustelle vorzunehmen, können Sie folgende Faktoren heranziehen:

  • Mechanische Gefährdungen: Diese umfassen das Risiko von Verletzungen durch Maschinen oder Werkzeuge.
  • Elektrische Gefährdungen: Hierbei geht es um das Risiko von Stromschlägen oder Bränden durch elektrische Anlagen.
  • Gefahrstoffe, Brand- und Explosionsgefahr: Diese Kategorie beinhaltet das Risiko durch chemische Substanzen, die brennbar oder explosiv sind. Mehr zum richtigen Umgang mit explosiven Stoffen und Gemischen erfahren Sie auf unserer Webseite Explosionsschutzdokument.
  • Biostoffe: Hier sind Gefährdungen durch biologische Agenzien wie Bakterien oder Viren relevant.
  • Thermische Gefährdungen: Diese betreffen das Risiko durch extreme Temperaturen, sei es Hitze oder Kälte (siehe dazu Arbeitsstättenverordnung Temperatur).
  • Gefährdungen durch physikalische Einwirkungen: Dazu gehören Lärm, Vibrationen oder Strahlung.
  • Gefährdungen durch Arbeitsumgebungsbedingungen: Hier sind Faktoren wie Höhenarbeit oder unzureichende Beleuchtung relevant.
  • Physische Belastung: Diese umfasst das Risiko von Muskel-Skelett-Erkrankungen durch körperliche Anstrengung und/oder einseitige Belastung.
  • Psychische Faktoren: Hier sind Stress, Überforderung oder Sprachschwierigkeiten zu berücksichtigen. Weitere Infos dazu finden Sie in unserem Beitrag Psychische Gefährdungsbeurteilung.
  • Arbeitszeitgestaltung: Diese betrifft das Risiko durch das Nichteinhalten von gesetzlichen Pausenzeiten oder dass zu viele Überstunden gemacht werden.


Die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung für Baustellen nach TRBS 1111

Die Technische Regel für Betriebssicherheit TRBS 1111 „Gefährdungsbeurteilung“ bietet Ihnen eine strukturierte Vorgehensweise und konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (§ 3 BetrSichV – Gefährdungsbeurteilung bei der Verwendung von Arbeitsmitteln).

Durch die Überarbeitung und Erweiterung der TRBS 1111 im Herbst 2024 steht nun eine umfangreichere Unterstützung für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung Baustelle zur Verfügung, die auch psychische Belastungen auf Baustellen berücksichtigt.


7 Schritte zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung für Baustellen

1. Vorbereitung

Festlegen der Betrachtungsbereiche (Abteilung, Arbeitsplatz oder Tätigkeit).

Schaffung einer Informationsgrundlage durch relevante Gesetze, Verordnungen und betriebsinterne Unterlagen.

2. Gefährdung ermitteln

Identifikation aller Faktoren, die eine Gefährdung darstellen (z. B. tätigkeitsbezogen, ergonomisch, organisatorisch, physisch und psychisch).

Berücksichtigung von Beschäftigten und ggf. auch Gästen oder unbeteiligten Dritten. Gefährdungsermittlung durch Baustellenbegehung.

Prüfung der Arbeitsmittel und Befragung von Mitarbeitenden.  

3. Gefährdung beurteilen Bewertung des Risikos mit einem einheitlichen Maßstab.   Beurteilung der Gefährdungen in allen Phasen der Verwendung von Arbeitsmitteln.  
4. Maßnahmen festlegen und umsetzen Festlegung geeigneter Schutzmaßnahmen, um Gefährdungen zu reduzieren.   Umsetzung der Maßnahmen unter Berücksichtigung der Rangfolge der Schutzmaßnahmen nach dem TOP-Prinzip (Technische, organisatorische, personenbezogene Maßnahmen wie persönliche Schutzausrüstung).  
5. Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen Überprüfung, ob die Maßnahmen vollständig umgesetzt wurden und die Gefährdungen reduziert haben.   Bei Bedarf Anpassung der Maßnahmen bei Bedarf.    
6. Ergebnisse dokumentieren Dokumentation der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und der umgesetzten Maßnahmen.  
7. Fortschreiben Regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Gefährdungsbeurteilung an veränderte Bedingungen auf der Baustelle.  

(Quelle: TRBS 1111, Absatz 5)


Weitere gesetzliche Grundlagen für die Gefährdungsbeurteilung auf Baustellen

Neben der Betriebssicherheitsverordnung und den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) gibt es weitere gesetzliche Grundlagen, die die Gefährdungsbeurteilung auf Baustellen regeln.

  • Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) bildet die allgemeine gesetzliche Grundlage und schreibt in § 5 ArbSchG die Pflicht zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen fest, um Gefährdungen zu ermitteln und geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen. Sowohl die Gefährdungsbeurteilung als auch die daraus abgeleiteten Maßnahmen müssen dokumentiert und regelmäßig auf ihre Aktualität geprüft werden (§ 6 ArbSchG).
  • Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) regelt, dass die Pflichten eines Unternehmens auch für Arbeitsplätze auf Baustellen gelten:

    „Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Gefährdungen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können. Ist dies der Fall, hat er alle möglichen Gefährdungen der Sicherheit und der Gesundheit der Beschäftigten zu beurteilen und dabei die Auswirkungen der Arbeitsorganisation und der Arbeitsabläufe in der Arbeitsstätte zu berücksichtigen.“ (Quelle: § 3 ArbStättV)

  • Die DGUV Vorschrift 2 regelt den Einsatz von Fachkräften für Arbeitssicherheit und den betriebsärztlichen Dienst bei der Erstellung und Aktualisierung von Gefährdungsbeurteilungen.
  • Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) hat allgemeine Faktoren und Qualitätskriterien für die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung festgelegt.

  • Die Baustellenverordnung (BauStellV) regelt den Arbeitsschutz auf Baustellen und verpflichtet Bauherren und Arbeitgeber, bestimmte Maßnahmen zur Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu treffen. Ein entscheidender Bestandteil dieser Verordnung ist die Bestellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators (SiGeKo). Ein SiGeKo ist gemäß § 3 BauStellV zu bestellen, wenn auf einer Baustelle Beschäftigte verschiedener Arbeitgeber (verschiedene Gewerke) tätig sind oder besonders gefährliche Arbeiten durchgeführt werden.

  • Der SiGeKo ist für die Erstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans (SiGe-Plan) verantwortlich, der die notwendigen Schutzmaßnahmen für die Beteiligten definiert. Darüber hinaus organisiert ein  SiGeKO die Zusammenarbeit der verschiedenen Arbeitgeber und stellt sicher, dass diese die Arbeitsverfahren korrekt anwenden und überwachen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz aller Beteiligten zu gewährleisten.


Wer darf die Gefährdungsbeurteilung Baustelle durchführen?

Als Arbeitgeber sind Sie grundsätzlich für die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung verantwortlich. Dabei müssen Sie sicherstellen, dass die Beurteilung fachkundig durchgeführt wird. Sie können die Gefährdungsbeurteilung entweder selbst erstellen oder zuverlässige und fachkundige Personen damit beauftragen, wie eine Fachkraft für Arbeitssicherheit. Diese Beauftragung sollte schriftlich erfolgen (§ 13 Abs. 2 ArbSchG).

Unabhängig davon, ob Sie die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung an innerbetriebliche oder externe Fachkräfte für Arbeitssicherheit delegieren, bleibt die rechtliche Verantwortung bei Ihnen. Sie müssen überprüfen, ob die Beurteilung tatsächlich durchgeführt wurde und haften für eventuelle Ordnungswidrigkeiten oder Straftatbestände.


Welche Konsequenzen drohen, wenn keine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wird?

Wenn Sie als Arbeitgeber gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen und keine Gefährdungsbeurteilung vornehmen, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar. Hierbei kann gemäß § 25 Abs. 2 ArbSchG ein Bußgeld von 5.000 bis 30.000 Euro verhängt werden.

Die Nichtvornahme der Gefährdungsbeurteilung wird strafbar, wenn sie das Leben oder die Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet. In diesem Fall können Sie mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft werden (§ 26 ArbSchG).

Wenn Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung Baustelle von Fachkräften für Arbeitssicherheit erstellen lassen, agieren Sie nicht nur als verantwortungsbewusster Arbeitgeber, sondern kommen auch deutlich günstiger weg. Wie viel eine Gefährdungsbeurteilung bei uns kostet, erfahren Sie auf unserer Webseite Preise.


Wer kontrolliert Arbeitsschutz auf Baustellen?

Kontrollen zum Arbeitsschutz auf Baustellen werden in Deutschland von verschiedenen Behörden und Ämtern durchgeführt. Wie beispielsweise von Technischen Aufsichtspersonen (TAP) der BG Bau (Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft) oder von Vertretern des Gewerbeaufsichtsamts oder des Amts für Arbeitsschutz.

Diese Kontrollen können sowohl angekündigt als auch unangekündigt erfolgen. Unangekündigte Kontrollen sind bei der BG Bau eher die Regel als die Ausnahme. Dabei wird geprüft, ob die Dokumente vollständig sind und die darin getroffenen Regelungen tatsächlich umgesetzt werden. Zusätzlich sind auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sifa) sowie die bereits erwähnten Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren (SiGeKo) dazu da, um die Einhaltung der Arbeitsschutzmaßnahmen auf Baustellen zu überwachen.


Müssen Sie unangekündigte Kontrollen hinnehmen?

Ja! Als Arbeitgeber sind Sie verpflichtet, die Technischen Aufsichtspersonen der BG Bau und andere Aufsichtspersonen auch dann auf Ihre Baustelle zu lassen, wenn Sie ihren Besuch nicht vorher angekündigt haben. Darüber hinaus sind Sie verpflichtet, Vertretern von Behörden und Ämtern Auskunft zu erteilen und mit diesen zusammenzuarbeiten (§ 23 ArbSchG).


Wir unterstützen Unternehmen beim Arbeitsschutz für Baustellen

Sie haben noch Fragen zur Gefährdungsbeurteilung für Baustellen oder benötigten konkrete Hilfe bei der Erstellung Ihrer Gefährdungsbeurteilung oder der sicherheitstechnischen Betreuung für Ihren Betrieb?

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